Unternehmensleitungen und Führungskräfte im Fensterbau sollten sich auf weitreichende Veränderungen der Branche vorbereiten. Erste Überlegungen dazu standen im Vordergrund der Mitgliederversammlung und Tagung der RAL-Gütegemeinschaft Kunststofffensterprofilsysteme (GKFP) am 4. Mai 2017 in Kassel. Im Hinblick auf ihre Wettbewerbsfähigkeit sind heutige Geschäftsmodelle kritisch zu hinterfragen und – mit Blick auf den Zeitbedarf von Veränderungen – umgehend Maßnahmen für den Wandel einzuleiten.
So folgt zwar bis auf weiteres das PVC-Fenster einem stetigen Innovationsprozess mit allmählichen Verbesserungen seiner Leistungsfähigkeit, gerade in puncto Energieeffizienz. „Doch wenn heute schon erkennbare Trends sich überlagern und gegenseitig verstärken, kommt es zu disruptiven Veränderungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette des Fensters“, betont Dr.-Ing. Ivo Mersiowsky von Quiridium im Dialogvortrag gemeinsam mit Michael Walther von Urban, einem Hersteller von Fensterbaumaschinen. Die beiden zeigten anhand eines fiktiven familiengeführten Fensterbauunternehmens auf, wie die Entwicklung in naher Zukunft sowie im Verlauf eines Generationswechsels aussehen könnte. „Wenn wir heute zum einen von Smart Home sprechen und zum anderen von Smart Factory, dann wird das innerhalb der nächsten fünf Jahre durch Vernetzung und Automatisierung zu einer durchgängigen digitalen Wertschöpfungskette: eine Smart Window Value Chain“, erläutert Michael Walther.
Zudem verändern sich die Anforderungen an das Bauen, Wohnen und Arbeiten, so dass Fenster im Jahr 2040 voraussichtlich mehr und andere Funktionalität bieten: in Bezug auf Transparenz, Lüftung, Wärme- und Schallschutz verschmelzen Fenster mit der übrigen Gebäudehülle; der Faktor Sicherheit wird noch wichtiger; Information und Entertainment kommen neu hinzu. Mehr Funktionalität zu entwickeln, verlangt den Unternehmen jedoch einen hohen Einsatz an Material, Energie und Arbeit ab. „Noch dazu neigt gerade der deutsche Mittelstand zum Overengineering“, gibt Ivo Mersiowsky zu bedenken, „die Zahlungsbereitschaft der Kunden für technische Features mit unklarem Nutzen nimmt dann ab, während Aufwand und Kosten explodieren – die Unternehmen geraten in eine Profitabilitätsfalle. Deswegen ist die Produktivität einschließlich Ressourceneffizienz von zentraler Bedeutung.“
Zwar bietet Industrie 4.0 die informationstechnischen Voraussetzungen für mehr Ressourceneffizienz, doch öffnet sich infolge des demografischen Wandels eine weitere Schere: immer ältere Mitarbeiter müssen mit immer moderneren Technologien umgehen. Die Konsequenzen für Menschen, Maschinen und Materialien im Fensterbau sind Michael Walther seit langem ein Anliegen: der studierte Mechatroniker hinterfragt, wie der Produktionsleiter im Fensterbau der Zukunft arbeitet und Teams führt. „Wenn es uns gelingt, Powerteams zu entwickeln, in denen talentierte Fachkräfte, ob jung oder alt, im Interesse der Kunden ihre gesamte Kreativität und Lösungskompetenz begeistert einbringen, dann werden die mittelständischen Fensterbauunternehmen in Deutschland nicht länger das Nachsehen haben.“
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