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Neue Antworten für Nachhaltigkeitsberichte.

Antworten für Morgen

Nachhaltigkeitsberichte

Smart Window: Zukunftsfähiger Fensterbau — Teil 6: Accountability

You cannot escape the responsibility of tomorrow by evading it today!

– Abraham Lincoln

Kinder stellen Fragen

Wenn Kinder hinterfragen, was wir tun, fragen sie in einem bestimmten Alter anschließend noch dreimal nach dem Warum. Das ist eigentlich eine gute Angewohnheit. Verantwortung zu tragen, bedeutet, zum Antworten aufgefordert zu sein. Diese Wortherkunft erkennt man auch im englischen Begriff Responsibility. Noch deutlicher wird es im englischen Begriff Accountability: Wir legen Rechenschaft über unser Tun ab: Warum stellt unser Unternehmen genau diese Produkte her? Warum machen wir es genau so und nicht anders? Warum ist es gut so, wie es ist? Stellen Sie sich vor, Ihre Enkel wollen nun auch noch Zahlen sehen, die Ihre Antworten belegen. Zugegeben: Die meisten Kinder in dem fraglichen Alter interessieren sich noch nicht für solche Zahlen, das tun eher Erwachsene. Aber ob die Geschichte einen Sinn ergibt, das spüren Kinder durchaus. Und darin liegt die tiefere Bedeutung unserer Verantwortung für Morgen: Können wir diese drei Warum-Fragen transparent und sinnstiftend beantworten?

Nachhaltigkeitsberichte sind gedruckte Schönfärberei

Bisher beruht das Berichtswesen der Corporate Social Responsibility zu oft auf dem Erzählen von Geschichten, die nicht allzu viel mit der Frage zu tun haben: Wir stellen Fenster her. Dass wir ein nachhaltiges Unternehmen sind, erkennt man daran, dass wir den Kindergarten nebenan und den örtlichen Sportverein sponsern. Ach ja, tatsächlich? Selbst ein Green Controlling liefert oft Zahlen, die niemand einordnen kann: Wir beziehen 200.000 kWh Strom pro Jahr, aber zehn Prozent davon sind grüner Strom. Prima! Oder?

Eine nachhaltige Unternehmensführung, die Antworten für Morgen geben kann, muss zunächst in den Kontext des Unternehmens schauen und die Beanspruchung jener Ressourcen einschätzen, von denen unsere Kinder auch noch ihren Wohlstand bestreiten müssen. Besonders anschaulich lässt sich das an Holzfenstern zeigen. Schließlich ist unser Begriff der Nachhaltigkeit geprägt durch die Forstwirtschaftslehre des Hans Carl von Carlowitz (1645—1714), kurz gesagt:

„Ernte nicht mehr, als nachwächst“

Der Holzvorrat deutscher Wälder beträgt rund 3,7 Milliarden Kubikmeter [Bundeswaldinventur 2014]. Das sind etwa 340 Vorratsfestmeter mit Rinde pro Hektar, wie der Forstwirt sagt, oder ungefähr 180 Tonnen Holz pro Hektar, wie der Ingenieur es formuliert. Wenn ein Unternehmer also Eigentumsrechte an einem Hektar Wald erwirbt, könnte er zehn Jahre lang jeweils zwanzig Tonnen Holz ernten und sein Unternehmen danach abwickeln. Nach der Übernahme durch eine Private-Equity-Gesellschaft könnte er aber auch in effiziente Prozesse investieren und bereits nach fünf Jahren das Unternehmen ohne Wald veräußern. Der Materialdurchsatz ist offenkundig zu hoch und verzehrt die Ressource.

Glücklicherweise wachsen jedes Jahr pro Hektar Waldfläche in Deutschland durchschnittlich etwa elf Kubikmeter Holz nach. Für die Ingenieure: Das entspricht etwa fünf Tonnen lufttrockenem Schnittholz. Die Regenerationsrate von gut drei Prozent würde der Finanzwirtschaftler als Zins betrachten, mit dem der Unternehmer seine Wertschöpfung betreiben kann, ohne den Waldbestand auf’s Spiel zu setzen. Diese Mäßigung im Materialdurchsatz setzt eine nachhaltige Strategie voraus: Genügsamkeit (Suffizienz) statt grenzenlosem Wachstum und Einbettung in den Kontext (Konsistenz) statt Missachtung der Naturkreisläufe.

Wenn der Unternehmer mit endlichen Ressourcen wie Erdöl umgeht, gelten an sich ähnliche Überlegungen: Die Kapazitätsgrenzwerte ergeben sich bei nicht nachwachsenden Vorräten aus der Eigenzeit zur Erschließung neuer Vorkommen und Innovationszyklen hinsichtlich einer Substitution. Auch die Begrenzung des Ausstoßes klimaschädlicher Gase wie CO2 mit Blick auf ein 2-Grad-Ziel liefert Grenzwerte. Ohne solche Bezüge zwischen Kerngeschäft und Ressourcendargebot kann ein Nachhaltigkeitsbericht keine plausiblen Antworten geben. Diese Erkenntnis setzt die Initiative reporting 3.0 in einem neuen Regelwerk für das Berichtswesen um, der den Begriff des Kapitals weiter fasst und den GRI-Standard bald ablösen sollte.

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Blick nach vorn

Das Berichtswesen ist ja notgedrungen rückwärtsgewandt. Dabei trägt die kindliche Warum-Frage durchaus den Wunsch nach allgemeingültigen und zukunftssicheren Erkenntnissen in sich: Es ist dann eher ein Wozu, die Frage nach dem Unternehmenszweck und nach Sinnstiftung. Wenn nun also die Produktentwicklung in die Zukunft blickt, welche Antworten findet die Unternehmensführung denn dann?

Wir machen jetzt erst einmal Digitalisierung, sagt der Chef. Und Marktbeobachter, IT-Experten und Unternehmensberater stimmen darin überein, dass die Industrie 4.0 entweder sehr gute oder sehr billige Produkte hervorbringen wird, so eine Einschätzung im VDI-Fachausschuss 7.23B „Geld verdienen in der Industrie 4.0“. Wie bei allen Strategien ist die Verantwortung der Führungskraft hier etwas speziell geregelt: Wenn’s gelingt, war’s die Führungskraft – wenn’s schiefgeht, waren‘s die Mitarbeiter.

Dabei ist die Zielstellung „sehr gut“ oder „sehr billig“ eigentlich durchaus hilfreich für die Produktstrategie. Sie bezeichnet nämlich das Effizienz-Prinzip: Im Verhältnis von Nutzen pro Aufwand kann sowohl der Zähler („gut“) als auch der Nenner („billig“) optimiert werden. „Eigentlich hilfreich“ ist diese Betrachtung, weil sie unvollständig ist. Wenn der Nenner nur im Sinne des Preises verstanden wird, wenn also Externalitäten wie Risiken und Schäden außerhalb des Unternehmens ausgeblendet werden, dann kann dabei kein ideales Produkt herauskommen. Der Begriff Idealität stammt aus der Theorie des erfinderischen Problemlösens (TRIZ) und umfasst korrekterweise den technischen und emotionalen Nutzen bezogen auf Kosten und Schäden. Wenn ein billiges Produkt mit Risiken und Schäden im Umfeld erkauft wird – egal ob Klimawandel, Artensterben oder Ressourcenknappheit –, dann kann es nicht ideal sein. Ebenso kann ein sehr gutes Produkt nicht relevante schädliche Funktionen besitzen. In beiden Fällen wird im Kontext – bei Lieferanten, Kunden oder in der Umwelt – ein zusätzlicher Aufwand ausgelöst (Externalitäten). Für die TRIZ ist also eine nachhaltige Produktentwicklung längst umgesetzt durch eine Orientierung auf die Idealität des Produktes.

Die Annäherung an die Vision eines idealen Produktes zu beschreiben, ist die Aufgabe der zukunftsorientierten Berichterstattung: Die Verantwortung besteht also darin, den Nutzen in Relation zu Kosten und Schäden transparent zu machen. Die Transparenz kann sich auf die Herstellungsprozesse beziehen oder auf Art und Herkunft der Einsatzstoffe; sie kann auch die individuelle Gestaltung oder Verfügbarkeit des Produktes betreffen. Eine gute Digitalisierung macht also Produkte für den Kunden nützlicher und weniger schädlich. Schneller und billiger können dabei durchaus sinnvolle Fortschritte sein. Allerdings sind Kunden immer weniger bereit, ihren persönlichen Nutzen mit dem Schaden anderswo aufzuwiegen, wenn letzterer zunehmend globalisiert wird.

Ver-Anwort-ung übernehmen

Das Grundprinzip, Rechenschaft ablegen zu können, prägt den ehrbaren Kaufmann. Dass diese Verantwortung auf Umweltaspekte erweitert wurde, haben wir den Ökos zu verdanken. Vielleicht haben wir anfangs nicht verstanden, wozu das im Geschäft gut sein soll. Doch bei einer ganzheitlichen Betrachtung, die der globalisierten Welt angemessen ist, liegt es durchaus nahe. Die Daten müssen vielleicht noch zusammengeführt und teilweise monetarisiert werden, doch an der bestechend einfachen Vision vom idealen Produkt kommt kein Unternehmer vorbei: maximaler Nutzen bei minimalen Kosten und Schäden.

Damit Sie diese Geschichte enkeltauglich und überzeugend erzählen können, darf sich Ihre Accountability nicht nur auf ihre internen Konten beziehen. Vielmehr muss sie Antworten für die Welt finden: Erkunden Sie den Kontext, klären Sie den echten Bedarf und die begrenzten Ressourcen für Ihr Unternehmen! Vielleicht wollen Sie modulares Bauen erschwinglich machen? Dann machen Sie Masse, machen Sie billig, aber tun Sie es innerhalb der Regenerationsfähigkeit lokaler Dargebote. Der Forderung nach mehr Transparenz begegnen Sie gern, denn eine zielorientierte Berichterstattung wirkt strukturierend und klärend in die Organisation zurück.

Es ist zu erwarten, dass ein modernes Berichtswesen wie nach den reporting 3.0-Maßgaben künftig den Unterschied zwischen einerseits kurzfristig profitablen und andererseits nachhaltigen Unternehmen transparenter darstellt. Gerald Feigenbutz von der Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme (GKFP) sagte kürzlich, nicht-nachhaltige Unternehmen, die also ihre Ressourcen verzehren und ihre Betriebsabläufe nicht ertüchtigen, geraten eben mittelfristig in „financial distress“. Wer die Attraktivität des Unternehmens für Mitarbeiter und Investoren erhalten will, geht hegend mit den Unternehmenswerten um und hält bessere Antworten bereit.

Übersicht der Serie

Die zehnteilige Artikelserie Smart Window: Zukunftsfähiger Fensterbau wendet die Themen der FOM-Vorlesung Führung & Nachhaltigkeit auf den Fensterbau an. Sie richtet sich daher zum einen an Führungskräfte in Unternehmen des mittelständischen Fensterbaus, die sich für nachhaltige Unternehmensführung und das Innovationsforum Smart Window interessieren; zum anderen an berufsbegleitend Studierende, die Anwendungsbeispiele für die Lehrinhalte suchen. Hier die Übersicht der bisher veröffentlichten Themen:
Teil 1: Leadership – Bei guter Führung … bloß nicht vorzeitig entlassen!
Teil 2: Principles – Prinzipientreu und doch wandelwillig
Teil 3: Compass – Gute Aussichten durch smarte Fenster
Teil 4: Analysis – Mehr Durchblick mit besseren Daten
Teil 5: Controlling – Grüner Controlletti
Teil 6: Accountability – Antworten für Morgen
Teil 7: Power – Führung Macht Fenster
Teil 8: Diversity
Teil 9: Ethics
Teil 10: New Economy
/* Original-Code Post Header Metadata
Datum: Nov 09Autor: Ivo Mersiowsky
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