Achtung, Realsatire! Mit unserer Web-Doku-Soap über ein fiktives Unternehmen erinnern wir uns selbst immer wieder daran, dass Kunden ebenso wie Berater auch nur Menschen sind. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist daher zufällig, jedoch keineswegs ausgeschlossen.
„Herr Männlein?“ Jasmin trippelte nervös von einem Bein auf das andere. „Herr Schön lässt fragen, ob Sie die Marktanalyse bitte auf den Slides 38 und 39 um ein paar Erläuterungen zu unseren Schlüsseltechnologien ergänzen würden.“
„Orthopädie-Erpel führend im Bereich mechatronischer Health-Care-Lösungen: Messeneuheit verhilft zum internationalen Durchbruch“, las Volker Männlein mit sauertöpfischer Miene. Clemens Schön hatte die einschlägigen Fachzeitschriften und Online-Portale ausgewertet: unter den Schlagzeilen des Pressespiegels war das Foto von einer begeistert händeschüttelnden japanischen Delegation am Messestand von Orthopädie-Erpel.
Herbert leistete in seinem neuen Job ganze Arbeit: die Messeneuheit war phänomenal erfolgreich. Volker ahnte, dass Herbert noch immer keinen Plan hatte. Aber er war der verflixt beste Tüftler weit und breit, und an der Schnittstelle zwischen technologieaffinen Kunden und agiler Entwicklungsumgebung blühte er auf. Von dem Freund eines Freundes wusste Volker: trotz seiner Marotten wurde Herbert beim Erpel allseits geschätzt.
In diesem Moment brummte sein altmodisches Handy. „Jaja, ich texte dem Clemens ein bisschen Substanz in seine Präsentation“, erwiderte er unwirsch und schob sich rüde an der wartenden Vorstandsassistentin vorbei in den Korridor.
Maximilian Zimmermann, der in diesem Moment das Besprechungszimmer betrat, blickte ihm verwundert nach. „Volker, denkst du bitte an die Einstufung von Marktgröße, -wachstum und -attraktivität? Ich benötige dringend deine Angaben, um die Portfolioanalyse abzuschließen.“ Keine Antwort. Fragend blickte er Jasmin an, doch die sammelte achselzuckend die verstreuten Blätter der Marktanalyse ein.
Ärger und Stress standen Volker Männlein ins Gesicht geschrieben, als er mit dem Handy am Ohr das Besprechungszimmer verließ. „Einen Moment bitte – Männlein? Ach, Du bist es …“, wie vom Donner gerührt blieb er stehen. „Du bist was? Aber … das ist ja … wunderbar … Doch, doch, ich … Und die Kanzlei? … Ja, lass uns heute Abend darüber reden.“ Eine Weile stand er noch so da und blickte aus dem Fenster, doch die Hallen der Zipfelwerke sah er nicht.
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Am nächsten Morgen stand Personalleiter Stefan Schmidt in Walter Zipfelhubers Büro. Er wunderte sich etwas über die Frage des Vorstands: woher so plötzlich das Interesse am Programm für Nachwuchsführungskräfte? Überhaupt schien ihm der alte Zipfelhuber heute nicht recht beisammen zu sein. Fahl war er, und feuchtkalt sein Händedruck. Unwirsch wischte das Profil eines Fachabteilungsleiters beiseite.
„Papperlapapp, Schmidt, Ende dreißig und noch Fachabteilungsleiter? Kein Führungstalent. Da brauchen wir gar nicht weiterreden. Und kommen Sie mir nicht mit Ihrem Coaching-Kram: Führungstalent hat man – oder eben nicht!“
„Wollen Sie mir nicht wenigstens sagen, um welche Position es sich handelt, Herr Zipfelhuber? Den Leiter Neue Geschäftsfelder EMEA? Wir könnten …“
„Quatsch, wir brauchen nicht mehr Schwätzer! Es geht um Wichtiges: Männlein geht!“
Bild: Didier Duforest, Flickr (CC)